Wenn Neugier und Wissen aufeinander- treffen

Die Schülerin Romy im Gespräch mit Christoph Sobotta, dem technischen Projektleiter des Haus des Wissens

Der Umbau des alten „Telekom-Blocks“ zum Haus des Wissens erfordert zahlreiche Organisationsmaßnahmen mit vielschichtigen Herausforderungen, die gar nicht so kinderleicht zu verstehen sind. Die zwölfjährige Schülerin Romy besucht Christoph Sobotta von den Zentralen Diensten der Stadt Bochum auf der Baustelle, um herauszufinden, welche Aufgaben ein technischer Projektleiter hier zu lösen hat.

Dabei beleuchten sie den Ablauf der Baumaßnahmen, die Einbindung von Fachplanern, die Bewältigung der technischen Herausforderungen sowie den Aspekt der Nachhaltigkeit. Außerdem findet Romy heraus, was es mit dem Begriff der Zentralen Dienste auf sich hat und wie die rund 1.000 Mitarbeiter verschiedener Abteilungen zum Erfolg sämtlicher Bochumer Bauprojekte beitragen.

Romy:  Hallo Herr Sobotta, was haben Sie auf der Baustelle denn eigentlich so alles zu tun?

Christoph Sobotta: Ich arbeite bei den „Zentralen Diensten der Stadt Bochum“ und verantworte die technische Projektleitung für das Haus des Wissens. Damit ist alles, was mit Planung und Beauftragung anderer Firmen zusammenhängt, gemeint.

R: Wie und wo fängt man bei so einer großen Baustelle an?

CS: Grundsätzlich fängt man bei einem Umbau damit an, sich den vorhandenen Altbau sehr genau anzuschauen. Man sichtet vorhandene Pläne, prüft die bestehenden Leitungen unter dem Boden und ermittelt, welche Schadstoffe im Gebäude zu finden sind. Es werden Vermessungen gemacht und sehr viele Gutachten erstellt.

R: Welche Handwerker brauchen Sie für den Umbau?

CS: Oh, ganz viele! Wir haben aktuell drei oder vier Firmen auf der Baustelle. Sobald wir später den Rohbau erstellt haben und es in den Ausbau geht, die Fußböden gelegt werden, der Putz an die Wände gebracht wird und die Farbe an die Decke kommt, werden wir etwa 40 verschiedene Unternehmen haben, die an dem ganzen Projekt mitwirken.
R: Und wie groß ist Ihr eigenes Team?
CS: Bei den Zentralen Diensten sind wir bei dem Projekt des Haus des Wissens vier bis fünf Leute. Ich habe einige Mitarbeiter, die mich unterstützen, beispielsweise Aufträge für mich schreiben. Dazu kommen Fachplaner, die sich um die Haustechnik oder um Schadstoffe kümmern, die entsorgt werden müssen.
„Grundsätzlich fängt man bei einem Umbau damit an, sich den vorhandenen Altbau sehr genau anzuschauen.“
R: Warum heißt Ihre Abteilung eigentlich „Zentrale Dienste“?
CS: Die Zentralen Dienste bestehen aus ganz verschiedenen Abteilungen – ich arbeite im technischen Gebäudemanagement in der Neubauabteilung. Wir verwenden den Begriff “Zentrale Dienste“, weil wir kein eigenes Amt sind, sondern ein eigenständiger Betrieb, der der Stadt Bochum angegliedert ist. Wir sind etwa 1.000 Mitarbeiter, darunter sind in den Bauabteilungen viele Ingenieure und Architekten. Im Jahr 2023 beträgt unser Auftragsvolumen rund 220 Millionen Euro, das wir nicht nur für Bauvorhaben, sondern auch in anderen Bereichen nutzen. Unsere Tätigkeiten umfassen ebenfalls Fahrdienste, Gebäudereinigung, Instandhaltung, Gebäudesanierung und sogar Schulhausmeisterdienste.

R: Was muss für den Umbau des Haus des Wissens eigentlich alles abgerissen werden? Oder muss überhaupt irgendwas abgerissen werden?

CS: Ja, einiges, wir stehen quasi mittendrin. Es werden nach dem Rückbau der Dachgeschosse sämtliche Geschossdecken bis hin zum Erdgeschoss abgebrochen und auch große Teile der Hoffassade des Nordflügels entfernt. Es kommt alles bis zum Erdgeschoss raus. Damit die Außenwände nicht umfallen, wenn die Decken abgebrochen wurden, bauen wir große Stahlkonstruktionen in den Nordflügel am Willy-Brandt-Platz und vor die Fassade des Ostflügels entlang der Viktoriastraße, um die Wände während der Bauzeit abzustützen.
R: Müssen Sie für die Markthalle an irgendwas ganz Besonderes denken?
CS: Oh ja, an ganz viele Sachen. In der Markthalle sollen später ungefähr 40 – 50 Verkaufsstände sein. Wir müssen aber für den Fall vorbereitet sein, dass die Marktstände wandern, sich verändern und mal hier, mal dort stehen werden. Dafür müssen wir überall Anschlüsse für Strom, Wasser, Abwasser usw. vorsehen. Auch die Beleuchtung und die Lüftung sind ein weiteres großes Thema, da es eine sehr große Halle ist. Eine ganz besondere Herausforderung ist die Technikzentrale der Telekom unten im Erdgeschoss, die noch in Betrieb ist und extrem geschützt werden muss. Über sie werden 40.000 Haushalte in Bochum mit Telefonanschlüssen und Internet versorgt. Weil diese Technik so empfindlich ist, messen wir die Erschütterungen und Schwingungen, die unsere Bagger im Gebäude verursachen. Deshalb müssen wir bei dem Abbruch der Betondecke über der Zentrale, der bald stattfindet, äußerst vorsichtig sein. Zusätzlich darf kein Staub und kein Wasser in diese Technikräume gelangen.

R: Gibt es eine besondere Schutzkleidung gegen die Schadstoffe hier im Haus?

CS: Ja, beim Rückbau müssen wir bei einigen Arbeiten Schutzmasken und -anzüge tragen. Insbesondere bei der Arbeit mit den verschiedenen Strahlverfahren. Dort werden schadstoff-haltige Beschichtungen von 1930, die sich unter den Beton-decken befinden, aufwendig entfernt.

R: Wie viele Etagen wird das Haus des Wissens bei der Fertigstellung haben?

CS: Es wird nachher fünf Etagen geben. Eine davon ist allerdings das Technikgeschoss. Jetzt gehen wir gerade in das Dachgeschoss, das demnächst abgebrochen wird. Auch hier sind vor Kurzem neue Hindernisse aufgetreten. In letzter Zeit sind viele Tauben hier oben eingezogen. Wir arbeiten daher nun mit einem Taubenschutzverein zusammen, der sich um die Jungvögel kümmert und diese aus dem Gebäude bringt.

R: Wie viele Tauben wohnen denn hier oben?

CS: Sobald in einem Dachgeschoss eine kleine Lücke ist, finden sie diese. Vielleicht sprechen sie sich ja untereinander ab, denn wir hatten schon mal 30-40 Tauben hier. Der Taubenkot muss, bevor wir die Bauteile abbrechen dürfen, sehr mühselig entfernt werden, außerdem ist diese Reinigung sehr teuer.
R: Wie entscheidet man eigentlich, was zuerst gemacht wird? Denkt man am Anfang schon an so etwas wie Aufzüge?
CS: Ja, man muss relativ früh an die Aufzüge denken, weil sie schon im Rohbau berücksichtigt werden müssen. Die Aufzugsschächte müssen betoniert und die Schienen, auf denen die Aufzüge fahren, eingebaut werden.
R: Woher wissen Sie, was die Mieter, also zum Beispiel die Bücherei oder die VHS, alles brauchen? Flächen, Strom, Internetkabel oder Aufzugsausgänge?
CS: Dazu macht man eine Vorplanung. Es wurde am Anfang ein Team zusammengestellt, das sich mit den Nutzern unterhält und sich die Pläne der jetzigen Bibliothek und VHS anguckt. So wissen sie zum Beispiel, wie viele Leute dort arbeiten, wie viele Sitzplätze benötigt werden und wie viele Bücher umziehen werden. Auf dieser Grundlage ermittelt man dann ein sogenanntes Raumprogramm. Auf Basis dieses Raumprogramms entwirft der Architekt ein Haus.
R: Müssen Sie auch darauf achten, dass alles rechtzeitig fertig wird?
CS: Die Stadtverwaltung Bochum entscheidet entsprechend der von uns zur Verfügung gestellten Terminplanung und Ausgabenplanung, wie viel Geld zu welchem Zeitpunkt für das Projekt zur Verfügung steht. Daraufhin müssen wir diese Gelder entsprechend verteilen und damit das Projekt steuern und finanzieren. Wir müssen die Planung, die Architekten, die Fachplaner und die ganzen Firmen bezahlen. Bei mir laufen quasi alle Fäden zusammen wie zum Beispie Angebote, Aufträge und Rechnungen, dann prüfe und entscheide ich gemeinsam mit der Projektsteuerung. Das Haus des Wissens ist momentan das größte Hochbau-Projekt der Stadt Bochum und soll insgesamt über 150 Millionen Euro kosten. Von daher hat man viele Organe, die aufpassen und überwachen, dass dieser Betrag auch richtig verbaut und ausgegeben wird. Hier arbeiten wir mit dem Unternehmen Convis zusammen, das das gesamte Projekt mitsteuert.
R: Ist es Ihnen besonders wichtig, umweltfreundlich zu bauen?
CS: Auf jeden Fall! Die Stadt Bochum hat sich vorgenommen, das Gebäude mit einer Platin-Auszeichnung zertifizieren zu lassen. Das ist die höchste Auszeichnung, die man bei der DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen) erreichen kann. Dort ist zum Beispiel auch vorgeschrieben, welche Baustoffe verwendet werden dürfen. Wir bauen sogenannte Hybriddecken aus Beton und Holz und sparen damit viel Gewicht, sodass die alten Fundamente ausreichen und neue entsprechend kleiner gebaut werden können. Zudem sind sie nachhaltiger als Betondecken. Einen großen Teil des Energiebedarfs erzeugen wir durch Photovoltaik und Geothermie.
R: Warum sind Sie als Architekt eigentlich bei der Stadt gelandet?
CS: Ich war früher selbstständig mit einer Kollegin in einem kleinen Büro in Wuppertal. Davor war ich lange Zeit angestellt und habe vornehmlich große Autohäuser gebaut. Mein Nachbar arbeitet auch bei den Zentralen Diensten und hat mich irgendwann gefragt, ob ich Interesse hätte, weil weitere Mitarbeiter gesucht würden. Daraufhin habe ich mich bei der Stadt Bochum beworben und bin auch direkt eingestellt worden, das ist jetzt 7,5 Jahre her.

„Bei mir laufen
quasi alle Fäden
zusammen.“

R: Was finden Sie am Haus des Wissens selbst am coolsten oder worauf freuen Sie sich besonders, wenn es dann fertig ist?
CS: Insgesamt freue ich mich natürlich auf das Gesamtgebäude. Den Dachgarten finde ich auch ziemlich cool, weil man so etwas in Bochum und in den umliegenden Städten noch nicht hat. Das wird eine ganz, ganz tolle Sache. Persönlich finde ich auch die gesamte Technik, die hier rein soll, besonders spannend.
R: Eine Frage habe ich noch: Was gibt’s denn hier im Haus des Wissens speziell für Kinder?

CS: Haha, mit der Frage habe ich gerechnet. Es wird eine Kinder- und Jugendbibliothek mit Arbeitsplätzen geben, sowie Studios, wo man spielen und chillen kann. Außerdem wird es natürlich den Dachgarten geben mit einer kleinen Fläche, wo Kräuter angepflanzt werden können. Und Sitzbänke, wo man sich mit Freunden treffen kann.

R: Vielen Dank, Herr Sobotta.

Ein Ort
mit Strahlkraft.