Es gibt keine Stadt ohne einen Markt.
Richtiger wäre:

Ohne einen Markt gäbe es gar keine Stadt.

Die Markthalle des Mercado Central in Valencia (ES) beeindruckt mit einer imposanten Kuppel und kunstvollen Keramikfliesen in der Architektur des Jugendstils.

Foto: © ABBPhoto (istockphoto.com)

Markt:
Substantiv, maskulin,
Plural: Märkte

Definition 1: Verkaufsveranstaltung, zu der in regelmäßigen Abständen an einem bestimmten Platz Händler und Händlerinnen zusammenkommen, um Waren des täglichen Bedarfs an [fliegenden] Ständen zu verkaufen

Definition 2: [Zentraler] Platz in einer Stadt, auf dem Markt (1) abgehalten wird oder früher wurde; Marktplatz

Herkunft: Mittelhochdeutsch mark(e)t, althochdeutsch markāt, merkāt < lateinisch mercatus = Handel, (Jahr)markt, zu: mercari = Handel treiben, zu: merx (Genitiv: mercis) = Ware

Synonyme: Handelsplatz, Warenaustausch, Schranne, Basar, Dom, Messe, Börse, Umschlagplatz, Kirtag, Kerwe, Rummel, Verkauf, Absatz, Kommerz, Geschäft, Tauschverkehr, Agora

Für die Entwicklung von Siedlungen zu Städten sind Märkte wichtige Faktoren, denn Menschen ließen sich historisch immer schon dort nieder, wo sie Versorgung, Arbeit und eine Gemeinschaft vorfanden.

Bereits im 10. Jahrhundert, dem frühen Mittelalter, herrschte reger Handel auf den Landwegen des europäischen Kontinents.
Gehandelt wurden Nahrungsmittel wie getrocknete Fische, lebende Haustiere, bäuerliche Erzeugnisse und Getreide.

Viele der ehemals fahrenden Händlerfamilien ließen sich zu dieser Zeit an den Schnittpunkten der Handelswege nieder und errichteten dort die ersten ortsgebundenen Marktplätze. Ihnen folgten bald darauf Arbeiter und Handwerker, die rund um die neuen Handelsplätze feste Wohn- und Speicherhäuser für die Händlerfamilien erbauten. Für die Versorgung all dieser Menschen und zur Verarbeitung der Lebensmittel direkt vor Ort kamen Zünfte wie das Bäcker- und Metzgerhandwerk, sowie Gewerbe wie Schneider, Schmiede, Gerber und Färber hinzu. So entstanden funktionierende Stadtgefüge auf vormals unbewohntem Gelände.

Warum die schönsten Häuser immer am Marktplatz zu finden sind

Bis heute sind die Marktplätze vieler Städte weltweit sehenswerte Anlaufpunkte für Einheimische und Reisende, denn hier sind die prächtigsten Gebäude zu bewundern. Die Händlerfamilien waren in den neuen Ansiedlungen die ersten Bürgerinnen und Bürger, die schnell zu Vermögen kamen, und um diesen Reichtum allen anderen zu demonstrieren, entstanden ihre Gebäude aus den hochwertigsten Baustoffen und wurden besonders reich verziert.

Man kann dies immer noch sehr gut sehen auf den „Grote“ Märkten in Brüssel, Antwerpen oder Brügge mit ihren goldgeschmückten Gildehäusern, dem Djemaa el Fna (Marrakesch, Marokko), umgeben von großen Riads, der Piazza del Campo (Siena, Italien) mit fürstlichen gotischen Gebäuden, dem Rynek Główny (Krakau, Polen) mit herrschaftlichen Renaissancehäusern oder der Plaza de Armas (Cusco, Peru) mit aufwendigen Kolonialbauten – die Händlergebäude machten die zunächst dörflichen Ansiedlungen zu einer richtigen Stadt.

Später kamen Gasthäuser und Spitäler hinzu und bildeten zusammen mit dem Marktplatz den innersten Kern des neuen Ortes. Weitere Bürger- und Handwerkerfamilien errichteten ihre Fachwerkhäuser um diesen Stadtkern herum und entwickelten kleine Wohn- und Arbeitsviertel in den für sie günstigen Lagen. Gerber- und Färbergruppen ließen sich in der Nähe von Wasserläufen nieder, die Schmiedewerkstätten siedelten wegen der Feuergefahr weiter außerhalb des Stadtkernes und die Brauereien natürlich in der Nähe des Marktplatzes.

In Bochum findet man bis heute die historische Bezeichnung „Gerberviertel“ für den Innenstadtbereich zwischen Gerberstraße, Großer Beckstraße und Brückstraße, da hier eine Fachwerksiedlung der Gerberzunft rund um einen Bachlauf existierte.

Im Früh- und Hochmittelalter waren beinahe genauso viele Frauen wie Männer in Handels- und Handwerksberufen tätig und besaßen gleichwertige Gilde-, Zunft- und Meisterinnen-briefe. Es gab sogar reine Frauenzünfte, die genauso organisiert waren wie die der Männer. Erst Mitte des 16. Jahrhunderts wurden die Frauen systematisch aus diesen Berufen verdrängt.

Handel bei jedem Wetter – die ersten Markthallen

Mit dem architektonischen Fortschritt konnte auch endlich das Problem gelöst werden, dass empfindliche Waren wie Tuche und Stoffe, aber auch offen präsentierte Lebensmittel zu sehr dem Wetter ausgesetzt waren und geschützt werden mussten. Die witterungsempfindlichen Stoffdächer der früheren Holzmarktstände wurden durch gebaute Überdachungen ersetzt. So entstanden seitlich offene und später geschlossene Markthallen.

Die zum Marktplatz führenden Straßen, die zuvor ungepflastert, schlammig und schmutzig waren, wurden im Zuge des steigenden Reichtums der Stadt gepflastert und Kanalisationen errichtet.

Mit zunehmendem Wachstum wurde eine Organisation des Marktgeschehens notwendig. So überwachte ein städtischer Marktaufseher die Einhaltung der Marktordnung und die Entrichtung der „Marktgefälle“, die an den jeweiligen „Marktherrn“ gezahlt werden mussten. Bereits 1253 gab es in Berlin eine Gewerbeaufsicht, die falsche Maße und Gewichte mit Strafen ahndete.

Die Entstehung der Stadtteilmärkte

Aus Mangel an Platz in der sich nun verdichtenden Innenstadt entstanden Fachmärkte in einzelnen Vierteln. Diese Stadtteilmärkte hatten dann ein durch ihre Lage spezialisiertes Angebot wie Fischmärkte am Wasser, Lederwarenmärkte im Gerberviertel, Heu-, Getreide- und Viehmärkte bei den Außenställen oder Metallmärkte bei den Schmieden. Die kleinen Viertelmärkte waren meist täglich geöffnet, während der Hauptmarkt nur einmal wöchentlich stattfand. Für die Nahversorgung im Umfeld entstanden für die Viertel wichtige kleine Märkte.
In Bochum finden aktuell an 13 Standorten 21-mal in der Woche Lebensmittelmärkte statt.

Handeln, Zaubern, Beten und Wahrsagen – Stadtkultur auf dem Marktplatz

Ab dem 14. Jahrhundert wurde der Marktplatz aufstrebender Städte immer auch für Höhepunkte des Zusammenkommens der Stadtgesellschaft genutzt. Zu mehrmals im Jahr stattfindenden Jahrmärkten kamen weitere Händler und Händlerinnen, Theatergruppen, Wunderheilerinnen, Gaukler, Zauberer, Wahrsagerinnen und Musikanten, die aus größerer Entfernung anreisten. Festlichkeiten wie Fastnacht, Walpurgisnacht, Theateraufführungen oder die Empfänge hoher Persönlichkeiten wurden hier zelebriert; oftmals waren sie aber auch der Schauplatz öffentlicher Gerichtsverhandlungen und Urteilsvoll-streckungen. Der Platz wurde zudem sowohl für politische Versammlungen als auch religiöse Veranstaltungen wie Prozessionen und Predigten genutzt.

Eine Welt in Bewegung – Kokosnüsse und Reißverschlüsse

Während die Welt sich ab dem 14. Jahrhundert in Bewegung setzte, taten es die Märkte auch. Das Aufkommen von Seefahrten und Entdeckungsreisen brachte exotische Güter aus fernen Ländern in die Hände der neugierigen Bürgerinnen und Bürger. Gewürze aus dem Osten, exotische Früchte von Übersee – die Marktplätze wurden zu Schauplätzen globaler Verbindungen. Auf einmal konnte man nicht nur lokale Köstlichkeiten genießen, sondern auch in die Aromen und Geschichten ferner Länder eintauchen. Mit der industriellen Revolution im 18. und 19. Jahrhundert erhielten Märkte einen weiteren Schub. Die Einführung von Maschinen und die Verbreitung von Eisenbahnen ermöglichten den schnelleren Transport von Waren. Dadurch wurde das Angebot durch frische Lebensmittel aus weiter entfernten Anbauregionen extrem ausgedehnt. Zudem führten neue Produktionsmethoden zu einer breiteren Palette auch von verarbeiteten Gütern, die zuvor auf den Märkten nicht angeboten wurden. Märkte sind bis heute Orte, an denen Handel, Austausch und soziale Interaktion stattfinden. Sie ziehen Menschen in die Innenstädte und ihre Attraktivität wirkt sich günstig auf das gesamte städtische Umfeld aus. So ist die Entwicklung von Märkten eine aufregende Reise, die zeigt, wie Handel und Kultur Hand in Hand gehen, um Städte von gestern, heute und morgen zu prägen, denn Märkte gehören bis heute zu unserem kulturellen Erbe und unserer Identität.

Ein Ort
mit Strahlkraft.